Kritische Betrachtung der ersten Meshtastic Wochen

Meshtastic – ein Name, der in der Welt der Funkkommunikation immer häufiger fällt. Es handelt sich um ein dezentrales, drahtloses Netzwerkprotokoll, das auf LoRa basiert und die Kommunikation über grosse Entfernungen, selbst in Gebieten ohne Mobilfunkempfang, ermöglichen soll. Die Idee eines solchen Netzes, unabhängig von herkömmlicher Infrastruktur und frei von Provider-Zwängen, hat mich sofort fasziniert. Getrieben von der Neugier und dem Wunsch, die Grenzen der Funkkommunikation zu erforschen, habe ich mich entschlossen, Meshtastic selbst zu testen und meine ersten Erfahrungen hier auf funkwelt.net mit euch zu teilen.  

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Installation und Inbetriebnahme – Einfacher als gedacht

Eines der grossen Versprechen von Meshtastic ist die einfache Installation und Inbetriebnahme. Und tatsächlich – die Einrichtung der Nodes gestaltete sich erfreulich unkompliziert. Die benötigte Software ist frei verfügbar und die Konfiguration der Geräte über die Smartphone-App ist intuitiv und benutzerfreundlich. Meshtastic bietet verschiedene Clients für die Interaktion mit dem Netzwerk, darunter Web-, iOS- und Android-Apps. Selbst ohne Vorkenntnisse im Bereich der Funktechnik konnte ich das Netzwerk in kürzester Zeit zum Laufen bringen.  

Für meinen Test habe ich die verschiedene Module verwendet. Die Module sind kompakt, lassen sich leicht in verschiedene Gehäuse integrieren und bieten eine gute Basis für den Einstieg in die Welt von Meshtastic.  

Erste Erfahrungen – Licht und Schatten

Die ersten Gehversuche mit Meshtastic waren von einer Mischung aus Begeisterung und Ernüchterung geprägt. Einerseits war ich beeindruckt von der Geschwindigkeit, mit der die Nodes sich gegenseitig erkannten und ein Netzwerk bildeten. Die Reichweite der Kommunikation übertraf meine Erwartungen – Berichte von Verbindungen über 128 Meilen (ca. 206 km) bei Sichtverbindung zeigen das Potential dieser Technologie. Andererseits musste ich schnell feststellen, dass die anfängliche Euphorie durch die chronische Überlastung des Netzwerks getrübt wurde.  

Immer wieder kam es vor, dass Nachrichten nicht übertragen oder «verschluckt» wurden. So blieb beispielsweise eine wichtige Statusmeldung auf halber Strecke stecken und erreichte den Empfänger nicht. In einem anderen Fall dauerte die Übermittlung einer kurzen Textnachricht über eine Distanz von nur wenigen hundert Metern überraschend lange.

Diese Überlastung des Netzwerks lässt sich vermutlich auf die Eigenschaften der falschen Konfiguration der Rolle zurückführen. LoRa ist zwar für seine grosse Reichweite bekannt, aber die Datenrate ist begrenzt. In einem Mesh-Netzwerk, in dem Nachrichten über mehrere Nodes weitergeleitet werden, kann dies zu Engpässen und Verzögerungen führen, insbesondere wenn viele Nodes aktiv sind und Daten senden.

Der Spassfaktor – Experimentierfreude erwünscht

Trotz der genannten Kritikpunkte möchte ich den Spassfaktor von Meshtastic hervorheben. Das Experimentieren und Basteln mit den Nodes macht einfach Spaaa und eröffnet viele Möglichkeiten, die Grenzen der Funkkommunikation auszuloten. Die Vielfalt an verfügbaren Geräten und die aktive Community sorgen dafür, dass es nie langweilig wird.  

Ob man nun mit verschiedenen Antennen experimentiert, um die Reichweite zu optimieren, die Nodes in unterschiedliche Gehäuse integriert oder eigene Anwendungen entwickelt – Meshtastic bietet für jeden etwas. Auch der Austausch mit anderen Nutzern in der Community und das gemeinsame Tüfteln an neuen Lösungen bereitet viel Freude.  

Notfallkommunikation – (Noch) keine Alternative

Gerade im Bereich der Notfallkommunikation sind Zuverlässigkeit und Stabilität von entscheidender Bedeutung. Meshtastic kann hier leider (noch) nicht mit etablierten Systemen mithalten. Die chronische Netzwerküberlastung und die damit verbundenen Übertragungsprobleme machen Meshtastic in Notsituationen zu einer unsicheren Grösse. Im Ernstfall kann es lebenswichtig sein, dass Nachrichten schnell und zuverlässig ihr Ziel erreichen. Hier bietet Meshtastic aktuell keine ausreichende Sicherheit.  Auch die CB Funke PMR und Amateurfunk sehe ich eher kritisch für das immer wieder angepriesene Notfunken… lassen wir das doch die machen die das können.

Vergleich der Kommunikationsmöglichkeiten:

KommunikationsmittelVorteileNachteile
Meshtasticdezentral, keine Infrastruktur erforderlich, grosse Reichweite, verschlüsselte Kommunikation geringe Datenrate, anfällig für Überlastung, Zuverlässigkeit in Notsituationen fraglich
CB-Funkeinfache Handhabung, kostengünstige Geräte, große Reichweitekeine Verschlüsselung, anfällig für Störungen, begrenzte Anzahl an Kanälen
PMR446lizenzfrei, kompakte Geräte, digitale und analoge Modigeringe Reichweite, anfällig für Störungen
Amateurfunkgrosse Reichweite, verschiedene Betriebsarten, weltweite Kommunikation möglichAmateurfunk Lizenz erforderlich, höhere Kosten für Geräte

Fazit – Ein Projekt mit Potenzial

Meshtastic ist ein spannendes Projekt mit grossem Potenzial. Die Idee eines dezentralen, offenen und kostengünstigen Mesh-Netzwerks ist bestechend. Die aktive Community und die stetige Weiterentwicklung der Software lassen auf eine vielversprechende Zukunft hoffen. Allerdings steht die Technologie noch am Anfang und hat mit einigen Kinderkrankheiten zu kämpfen. Die chronische Netzwerküberlastung und die damit verbundenen Übertragungsprobleme müssen dringend behoben werden, bevor Meshtastic sein volles Potenzial entfalten kann.  

Neben der Nutzung als Kommunikationsmittel für Outdoor-Aktivitäten und in Notfallsituationen bietet Meshtastic auch interessante Möglichkeiten für IoT-Projekte, bei denen eine dezentrale Kommunikationslösung ohne bestehende Infrastruktur benötigt wird.  

Trotz der kritischen Betrachtung in diesem Bericht habe ich mich entschieden, das Projekt weiterzuführen und weitere Erfahrungen zu sammeln. Die Entwicklung von Meshtastic verläuft rasant und es ist zu erwarten, dass viele der aktuellen Probleme in Zukunft behoben werden. Ob Meshtastic die Art und Weise, wie wir kommunizieren, grundlegend verändern wird, bleibt abzuwarten. Das Potenzial dazu ist jedoch definitiv vorhanden.  

Call to Action – Teilt eure Erfahrungen!

Ich möchte euch, liebe Leserinnen und Leser von funkwelt.net, ermutigen, eure eigenen Erfahrungen mit Meshtastic zu teilen. Habt ihr das Netzwerk bereits getestet? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Welche Anwendungen seht ihr für Meshtastic? Lasst uns gemeinsam diskutieren und die Zukunft dieser spannenden Technologie mitgestalten!

1 Ein Gedanke zu “Kritische Betrachtung der ersten Meshtastic Wochen

  1. Martin Antworten

    Salutti Chris
    Grundsätzlich ist Meshtastic (868MHz) eine gute Idee, auch funktional. Ich habe mich bereits vor längerer Zeit mit der «Spielerei» beschäftigt. Ja, ich nenne es auf Grund der relativen Unzuverlässigkeit und der doch beschränkten Möglichkeiten «SMS`len» Spielerei. Natürlich war auch ich anfangs sehr begeistert, keine Frage
    Im Meshtastic-Space sehe ich einfach das «Wollen-Grössen-Megaabdeckung» Problem. Alle wollen riesige Reichweiten, doch DX wird bei solch einem beschränkten Mesh (hohe Traffic) zum Problem /Rohrkrepierer. Auch wenn Bemühungen da sind, die «Hops» auf 3 zu beschränken. Die DXèr interessierts nicht
    Wenn man sich nur auf eine lokale Mesh-Abdeckung beschränkt läuft das ganze ganz ordentlich. Weniger ist mehr.
    Notfunk und Meshtastic (868MHz) wurde auch schon proklamiert, doch für das sehe ich keine Anwendung, wie soll dies denn auch funktionieren Notfunk bedingt Piketorganisation, etc..etc.. das können die Profis besser.
    Auch schon mit Mailboxen wird geübt, doch dies schiesst meiner Meinung nach weit am Ziel vorbei.
    Doch wie gesagt, für Spass und «pröbeln» passt Meshtastic.
    Bei den Amateuren (70cm) ist das gleiche mit MeshCom 4.0 am Start. Ich bin gespannt wie die Entwicklung dort seinen lauf nimmt.
    Summa summarum bleibt es eine interessante Spielwiese mit Potential.

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